06 Januar 2010

King Harold of Wessex


Heute ist der Krönungstag von König Harold II., dem eher glücklosen letzten angelsächsischen König Englands vor der Eroberung durch die Normannen.
(Go, William! Go, William! Go, William! GO!)
Eigentlich heißt der Gute korrekterweise in Altenglisch Harold Gōdwines sunu und wurde um das Jahr 1022 herum als Sohn Godwins, Earl of Wessex, und dessen Frau Gytha Thorkelsdóttir geboren. Die beiden hatten noch eine Menge weiterer Kinder. Harolds Geschwister waren die Brüder Sweyn, Tostig, Gyrth und Leofwine und die Schwester Edith of Wessex, welche die ungeliebte Gemahlin von Edward the Confessor werden sollte. (Man lese über ihn hier auf diesem Blog.)
Durch diese Heirat wurde Harold, Godwins zweiter Sohn, im Jahre 1045 zum Earl of East Anglia. Viel nützte ihm das jedoch nicht, da er 1051 seinen Vater ins Exil begleitete (ihm aber natürlich nur ein jahr später dabei half, seine alte Position wiederzuerlangen). Als Godwin 1053 starb, folgte Harold ihm als Earl of Wessex nach (und Wessex war sozusagen das Herz der angelsächsischen Monarchie, es umspannte das südlichste Drittel Englands). Damit wurde er zum mächstigsten Mann gleich nach dem König.

Zu diesem Titel gesellte sich 1058 auch noch der Earl of Hereford und Harold tat spätestens ab dann so ziemlich alles, um den wachsenden normannischen Einfluß in Edwards Monarchie (der König hatte schließlich mehr als 25 Jahre in der Normandie im Exil gelebt) einzudämmen und trat auch damit in die Fußstapfen seines Vaters. Aber er erwarb sich auch einen guten Ruf in den Feldzügen gegen den Herrscher von Wales, Gruffydd ap Llywelyn of Gwynedd, in den Jahren 1062-1063. (Der ganze Konflikt endete übrigens 1063 mit dem Sieg über Gruffydd, der seinen Männern nicht gefallen haben dürfte - denn sie brachten ihn danach eigenhändig um.)

1064 wird es dann langsam undurchsichtig. Sicher ist nur, dass Harold Schiffbruch in Ponthieu erlitt. Warum er sich dort aber herumtrieb....darüber gibt es so manche Theorie. Die ersten Chronisten nach der normannischen Invasion schrieben, dass Robert, Erzbischof von Canterbury, vom kinderlosen König Edward zu dessen Verwandten mütterlicherseits, William of Normandy (besser bekannt vielleicht als William the Conqueror geschickt wurde, um ihn als Edwards Erben zu bestimmen. Später dann sollte auch Harold dorthin reisen, um William den Lehnseid zu schwören. Hierüber streiten sich die Gelehrten jedoch (obwohl ich irgendwie schon das Gefühl habe, dass es wahr ist). William für seinen Teil war jedenfalls überzeugt davon, dass er als Nachfolger bestimmt worden war - aber vielleicht gab es dennoch ein wenig Verwirrung. Denn die Thronfolge wurde damals weder vererbt noch vom amtierenden König bestimmt, sondern durch den Witenagemot bestimmt. Dieser war der Übersetzung des Begriffs nach ein Treffen der Weisen und setzte sich aus den wichtigsten Männern des Königreiches zusammen.
Ein wenig später erwogen die normannischen Chronisten dann auch noch andere Erklärungen für Harolds Reise. So z.B., dass er um Freilassung von Familienmitgliedern bat, die seit Godwins Exil im Jahre 1051 immer noch dort festgehalten wurden. Etwas abenteuerlicher klingt dann schon der Erklärungsversuch, er sei einfach nur Jagen und Fischen gewesen und dann ganz unglücklich vom Sturm überrascht und abgetrieben worden. Einig ist man sich hier wohl nur, dass er in Bosham startete und dann nach Ponthieu abgetrieben wurde, wo er prompt von Graf Guy als Geisel genommen wurde.

Dann hat er offensichtlich sogar William unterstützt und ist mit ihm in die Schlacht gegen seinen Feind Conan II., Graf von der Bretagne gezogen. Als sie in der Bretagne auf der Höhe der befestigten Abtei Mont St. Michel waren, hat Harold den Aufzeichnungen nach zwei von Williams Soldaten aus dem Treibsand gerettet.
Sie verfolgten Conan von Dol de Bretagne nach Rennes und schließlich nach Dinan, wo er sich geschlagen gab und die Schlüssel der Festung an eine der feindlichen Lanzenspitzen hängte. William bedachte Harold daraufhin mit Waffen und Rüstung und schlug ihn zum Ritter.
Nach dem Teppich von Bayeux und auch anderen Quellen schwor Harold dann auf einige heilige Reliquien, William in seinem Streben nach dem englischen Thron zu unterstützen. (Nach Harolds Tod waren die Normannen dann auch schnell mit der Behauptung dabei, Harold habe damals einen Meineid geleistet, imndem er die englische Krone annahm.)

Der Chronist Orderic Vitalis war offensichtlich kein besonderer Fan Harolds und schreibt über ihn:
"Dieser Engländer war sehr groß und gutaussehend, außergewöhnlich in seiner körperlichen Stärke, seinem Mut und seiner Wortgeandtheit, seinem Witz, seiner Schlagfertigkeit und seinem Heldenmut. Doch was hat er von all diesen Gaben, wo es ihm doch an Ehre fehlt, der Wurzel alles Guten?"

Im Jahr 1065 erlaubte sich Harolds Bruder Tostig eine überaus ungerechte Verdoppelung der Steuern, die England an den Rand eines Bürgerkrieges trieb. Haorld unterstützte dre Rebellen in Northumbria gegen ihn und setzte Morcar als Earl of Northumbria ein. Das stärkte ihn zwar als möglichen Thronfolger Edwards, spaltete aber natürlich die Familie. (Wobei Tostig eine Allianz mit König Harald Hardrada von Norwegen einging.)

Um den Januar 1066 herum heiratete Harold Edith (oder auch Ealdgyth), die Tochter von Ælfgar, Earl of Mercia und gleichzeitig Witwe des walisischen Prinzen und Feind der Engländer Gruffydd ap Llywelyn. (Edith hatte zwei Söhne, Zwillinge namens Harold und Ulf, die im November 1066 zur Welt kamen und wohl das Erwachsenenalter durchaus erreichten und im Exil überlebten.)
König Edward lag schon seit November 1065 im Koma, ohne dass er noch einmal Worte zu seiner Nachfolge verlieren hatte können. Nach der Vita Ædwardi Regis starb er am 5. Januar 1066, nachdem er noch einmal kurz das Bewusstsein erlangt hatte und seine Witwe und das Königreich unter Harolds "Schutz" gestellt hatte. (Der Teppich von Bayeux zeigt allerdings lediglich, dass Edward auf einen unbenannten Mann deutet, von dem man annimmt, er sei Harold.)
Als der Witenagemot am nächsten Tag zusammentrat, erwählten sie Harold als Nachfolger. Er wurde am 6. Januar 1066 als erster König überhaupt in Westminster Abbey gekrönt.

Obwohl spätere normannische Quellen auf dieser schnellen Krönung gerne herumreiten, ist es dennoch nicht ausgeschlossen, dass alles durchaus mit rechten Dingen zuging. Schließlich war er gewählt worden und die Adligen des Reiches waren zum Dreikönigstag ohnehin alle in Westminster anwesend.

Als William kurz darauf von der Krönung Harolds erfuhr, schmiedete er sogleich Invasionsläne und ließ 700 Kriegs- und Transportschiffe in Dives-sur-Mer an der normannischen Küste erbauen. Zu Beginn fand er eigentlich keine Anhänger, die ihn dabei unterstützen wollten, aber natürlich fiel ihm Harolds Eid, den er auf die heiligen Reliquien geschworen hatte, schnell wieder ein. Daraufhin bekam er selbstverständlich den Segen der Kirche und der Adel strömte in Scharen heran, um seine Sache zu unterstützen.
Harold bekam natürlich ebenfalls Wind von der Sache und versammelte seine Truppen auf der Isle of Wight. Dummerweise stand der Wind nicht günstig für ihn und die Truppen mussten im Hafen verharren. Am 8. September löste Harold die Armee auf, da kein Proviant mehr vorhanden war, und kehrte nach London zurück. Am gleichen Tag landeten Harald Hardrada von Norwegen, der ebenfalls Anspruch auf due englische Krone erhob, und der Raffzahn Tostig an der Mündung des Tyne. Von dort aus überrannten sie das, was heute Yorkshire ist und schlugen am 20. September die englischen Earls Edwin of Mercia und Morcar of Northumbria (Man erinnere sich: Tostigs Nachfolger) in der Battle of Fulford bei York. Fünf Tage später hatten sie keine Möglichkeit mehr, sich über diesen Sieg zu freuen, denn dann wurden sie von Harolds Armee in der Battle of Stamford Bridge ge- und erschlagen. "Überraschuuuuung!", hieß es da wohl für die beiden Gierschlünde, denn Harold hatte seine Männer in einem Gewaltmarsch in nur vier Tagen von London aus nordwärts geführt und überrumpelte die Invasoren.

Harold wiederum hatte ebenfalls nicht so viel Zeit, sich über diesen Sieg zu freuen. Am 12. September bereits war Williams Flotte in See gestochen. Etliche seiner Schiffe sanken jedoch im Sturm und er war gezwungen, eine Pause in Saint-Valery-sur-Somme einzulegen und auf einen Windwechsel zu warten.
Am 27. September dann setzten sie endgültig die Segel gen England und landeten tags darauf in Pevensey an der Küste von East Sussex. Harold brachte seine Armee nun wieder zu einem Gewaltmarsch von etwa 386 km um William mit seinen ca. 7000 (!)Männern abzufangen. In hastig errichteten Erdbauen wartete Harolds Armee in Hastings.
Beide Armeen trafen am 14. Oktober 1066 in der Battle of Hastings am Senlac Hill (nahe der heutigen Stadt Battle) nahe Hastings aufeinander. Nach neun Stunden verbissenen und harten Kampfes und nur 30 Minuten vom Sieg entfernt wurde Harold getötet. Der Überlieferung nach geschah dies durch einen Pfeil, den er ins Auge bekam, aber es ist nicht sicher, ob der Unglückliche auf dem Teppich von Bayeux tatsächlich Harold sein soll. Er könnte genausogut die Person daneben sein, die gerade von einem Pferd zertrampelt wird....

Der zeitgenössische Bericht Carmen de Hastingae Proelio ("Das Lied der Schlacht von Hastings") der kurz nach der Schlacht von Guy, Bischof von Amiens, geschrieben wurde, besagt, dass Harold von vier Rittern getötet und dann brutal zerstückelt wurde. Edith musste ihren Mann dann identifizieren und konnte dies wohl nur aufgrund eines Muttermales.

Harold ist übrigens einer von nur drei englischen Königen (zusammen mit Richard I. "the Lionheart" und Richard III.), die infolge einer Schlacht starben. Und er ist durch seine Tochter Gytha (die im Übrigen nicht Ogg hieß!) ein direkter Vorfahr von Isabella von Frankreich, welche die Gemahlin Edwards II. werden sollte....

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Bist Du vielleicht im Zweitberuf Chronistin oder so? :D

Wie geht es eigentlich Deinen Zähnen jetzt? Alles soweit wieder erträglich?

Liebe Grüße - 2Wölfe

Luiza hat gesagt…

....mal wieder eine grandiose Geschichte von Dir:-) Danke für den Unterricht:-)

Guten Start ins Wochenende!

Übrigens: habe jetzt noch einen Tilt & Shift - Versuch gemacht. Vielleicht kannst Du jetzt mehr damit anfangen:-)

Rowan hat gesagt…

Leider bin ich das nicht, 2Wölfe - ich war nur mal Schreiber zu einer anderen Zeit. ;-)
Meinen Zähnen geht es glücklicherweise wieder gut.

Dir nun einen guten Start in die Woche, Luiza!
Und ich freu mich, dass Dir der Bericht gefallen hat :)