Gestern habe ich nochmal Tori Amos gehört - und irgendwie ist mir ihr "Crucify" sehr aufgefallen, weil ich immer wieder mitbekomme, wie vielen Menschen es so geht.
Ich habe den Text mal ins Deutsche übersetzt:
Jeder Finger im Raum zeigt auf mich.
Ich möchte in ihre Gesichter spucken, aber dann bekomme ich Angst vor dem, was das auslösen könnte.
Ich habe eine Bowlingkugel im Magen, ich habe eine Wüste in meinem Mund.
Nehme an, dass mein Mut sich jetzt verabschiedet.
Ich habe nach einem Erlöser gesucht in diesen schmutzigen Straßen.
Einen Erlöser gesucht unter diesen schmutzigen Laken.
Ich hatte meine Hände erhoben und einen weiteren Nagel hineingeschlagen.
Was Gott halt braucht - ein weiteres Opfer.
Warum kreuzigen wir uns selbst? Jeden Tag kreuzige ich mich selbst.
Nichts, was ich tue, ist gut genug für Euch. Nichts, was ich tue, ist gut genug für Dich. Kreuzige mich selbst, jeden Tag.
Ich kreuzige mich selbst. Mein Herz hat es satt, in Ketten zu liegen.
Bekomme einen Tritt wie ein Hund, der um Liebe bettelt.
Ich muss mein Leiden haben, damit ich mein Kreuz bekomme.
Ich kenne eine Katze namens Easter, er sagt "Wirst Du es jemals lernen?
Du bist nichts als ein leerer Käfig, Mädchen, wenn Du den Vogel tötest."
Ich habe nach einem Erlöser gesucht in diesen schmutzigen Straßen.
Einen Erlöser gesucht unter diesen schmutzigen Laken.
Ich hatte meine Hände erhoben und einen weiteren Nagel hineingeschlagen.
Ich habe genug Schuld in mir, um meine eigene Religion zu gründen.
Warum kreuzigen wir uns selbst? Jeden Tag kreuzige ich mich selbst.
Nichts, was ich tue, ist gut genug für Euch. Nichts, was ich tue, ist gut genug für Dich. Kreuzige mich selbst, jeden Tag.
Ich kreuzige mich selbst. Mein Herz hat es satt, in Ketten zu liegen.
Bitte...rette mich...ich rufe und weine...
Ich habe nach einem Erlöser gesucht in diesen schmutzigen Straßen.
Einen Erlöser gesucht unter diesen schmutzigen Laken.
Ich hatte meine Hände erhoben und einen weiteren Nagel hineingeschlagen.
Wo sind diese Engel, wenn man sie braucht?
Warum kreuzigen wir uns selbst? Jeden Tag kreuzige ich mich selbst.
Nichts, was ich tue, ist gut genug für Euch. Nichts, was ich tue, ist gut genug für Dich. Kreuzige mich selbst, jeden Tag.
Ich kreuzige mich selbst. Mein Herz hat es satt, in Ketten zu liegen.
Das Lied stammt aus ihrem Album "Little Earthquakes", das ganz so klingt, als habe sie sich da vieles von der Seele geschrieben.
Warum verbiegen wir uns immer wieder?
Wieso haben wir Angst, einfach nur wir selber zu sein?
Wieso glauben wir, wir seien nicht schön, klug, gut, talentiert genug für "die anderen"?
Warum glauben so viele, sie müssten sich verbiegen und verstellen, um dazuzugehören?
Warum ist vielen die Maske so sehr zur Gewohnheit geworden, dass es ihnen schwer fällt, sie abzulegen - ja, sie überhaupt noch wahrzunehmen?
Warum werden so viele Menschen durch genau solche Dinge krank?
"Du bist nichts als ein leerer Käfig, wenn Du den Vogel tötest." Was nutzt uns ein Leben ohne Seele? Ohne Beseeltheit?
Sind wir es nicht wert, als die anerkannt, respektiert, gemocht und geliebt zu werden, die wir sind?
Können wir nicht auf die Menschen verzichten, die uns nicht so nehmen, wie wir sind?
Leben wir dieses Leben nicht für uns selber? Um unsere eigenen Erfahrungen und Entwicklungen zu machen? Und nicht die, die andere von uns erwarten und verlangen?
Und wer kann es sich eigentlich herausnehmen, zu sagen: "Ich möchte Dich aber so und nicht so. Ändere Dich, damit Du mir gefällst."
Manchmal tut man das... Aus vielerlei Gründen. Meist aus Angst vor Nichtanerkennung, Einsamkeit...was auch immer. Und wenn man es dann nicht mehr aushält, stumm schreiend an seinem selbstgezimmerten Kreuz oder in seiner selbstgebauten Kammer hockt...dann geht man entweder daran kaputt oder man steigt herab bzw. tritt hinaus.
Geht Stück für Stück wieder sich selber entgegen.
Das gefällt dem, für den wir uns verbogen haben, natürlich überhaupt nicht. Vielleicht löst es bei ihm sogar Angst aus. Oder Zorn über unseren plötzlichen Ungehorsam.
"Ich will Dich wieder so, wie Du früher warst! Das bist doch gar nicht Du!"
Oder: "Du hast ein Problem. Mit Dir stimmt was nicht. Du musst was tun!"
Da hilft nur eines - weiter auf sich selber zugehen, bis man sich fest im Arm hält und sieht, wie hässlich und falsch, wie unpassend diese Maske für uns war.
Ich bin nun im Juni schon drei lange Jahre krank - und mit dieser Krankheit zu Hause. Eine Zeit, die mir viel Schmerz gebracht hat, viel Zukunftsangst. Aber auch unendlich wertvolle Dinge. Nämlich zum Beispiel eben solche Erkenntnisse.
Ich will mich niemals wieder verbiegen, meinen Rücken verdrehen, bis er bricht.
Denn genau das ist irgendwie geschehen und er heilt sehr, sehr langsam.
Ohne diese Auszeit hätte ich vieles nicht gelernt und begriffen, sondern im Trott weitergemacht.
Ich hätte nicht wieder angefangen zu malen, weiter zu schreiben und zu fotografieren, nicht angefangen, an meiner Berufung zu bauen.
Wenn ich dort angelangt bin, wird auch mein Rücken wieder ganz heil sein. Das weiß ich. Denn ich muss mich nicht mehr verbiegen.
Und Ihr müsst das auch nicht.
Ein ungewohnter Sermon hier...Hm...aber ich lasse es hier stehen.
Das wollte eben einfach raus.
Also - verbiegt Euch nicht.
Erkennt die Schönheit, die Euch innewohnt.
Versteckt Euch nicht.
Lasst Eure Seele und Eure Talente erstrahlen!
Damit wünsche ich Euch einen strahlend schönen Tag.
16 Kommentare:
Ja, ich habe Voruteile, Verachtung, Hass und Rassismus kenen gelernt,.......wenn einen Leute anspucken, nicht nur mit dem Finger auf mich zeigten.....
Tolle Erfahrung. Daraus lernt man viel!
Ich habe durchgezogen und nicht auf gegeben, auch, wenn´s hinterher in die Hose ging, und ich.....die Suppe auslöfeln mußte. Aber, es war meine Suppe....und....ich hatte mich "nicht" verbogen.
Danke für diese nur all zu wahren Worte!!
Sei lieb gegrüßt
Grey Owl
Sei auch Du lieb gegrüßt, Grey Owl.
Es schockiert mich, was Du durchmachen musstest und ich kann wieder gar nicht fassen, wie anmaßend Menschen zueinander sein können.
Und ich sitze hier, lausche der Musik und lasse deine Worte, wie auch die Worte des Liedes in mir klingen und schwingen (mit ein paar Tränchen die kullern)- und ich frage mich, wieso ich immer noch meine - so oft - mich verbiegen zu müssen, bis dann wieder die Erkenntnis erhellt wird, dass ich das nicht mehr brauche und auch nicht will.
Ich danke dir für diese Worte und das Erinnern daran.
Gerne täglich :)
Sei umarmt!
Ein schöner Post, Ashmodai! Ich hoffe, dass du viele Menschen damit ansprichst...ich sag immer: "Ich bin nicht auf der Welt um zu sein wie andere mich haben wollen" Auch wenn viele es immer und immer wieder versuchen mich *hinzubiegen* und aus mir einen *Normalo* zu machen...NEIN, nicht mit mir;-)Ich bin ich und bleib so wie ich bin !
Ganz liebe Grüße an dich!
Ganz genau, der Spruch ist gut.
Ich halte es auch gerne mit Oscar Wilde. :)
"Be yourself! Everyone else is already taken!"
Viele liebe Grüße und ganz viel Spaß im Job!
Ja, das Zitat ist auch super!
Dankeschön, den habe ich zur Zeit :-)
Liebe Grüße an dich und Feona!
ist das schön, auch das was du geschrieben hast liebe ashmodai, so viel wahres steht da.
und ja, während ich das hier lese werde ich irgendwie wehmütig, traurig und gleichzeitig spüre ich so viel positives, etwas kämpferisches kommt in mir hoch...NEIN, ich lasse mich nicht verbiegen...
VIELEN DANK fürs erinnern *knuff*
Ganz liebe Grüße
Tanja
Wahre Worte!! Und mit jedem Tag gelingt es uns ein wenig besser :-)
Liebe Grüße ins Sülztal von der Dryade (die es total schade findet das ihr so nah wart, ohne auf einen Kaffee vorbei zu kommen, Aber beim nächsten mal, oder?! ;-). Habt ihr die neue Adresse?!)
Ich habe auch lange Jahre gebraucht um die ganzen Konditionierungen aus dem Kopf zu bekommen (das tut man nicht, was sollen denn die Leute denken/du bist doch nicht normal, du warst doch früher nicht so). Aber jetzt lasse ich mich schon lange nicht mehr verbiegen und lebe MEIN Leben.
Alles Liebe für dich
Alruna
Hm. :) Ihr kennt mich ja. Ich bin noch dabei, dahin zu kommen... Ich kann noch nicht von mir behaupten, mich nicht zu verbiegen und wirklich völlig frei zu mir zu stehen. Ich arbeite. Es ist wie Bildhauerei - man haut hier und da und dort Überflüssiges weg, bis der Engel in der Mitte sichtbar wird. Aber ich habe mir auch schon ein paar mal auf den Daumen gekloppt und halte ein, frage mich, ob ich das überhaupt jemals fertigstelle. Naja. :)
Ich freue mich, dass ich Euch damit nochmal was ins Gedächtnis rufen konnte.
Und entschuldigt für die Wehmut.
Dryade, ich glaube, wir haben die Adresse irgendwo. Auf der spontanen Fahrt hatten wir leider kein Handy dabei.
Amitiel, Du bist doch mitten auf dem Weg. Und ich bin froh, den Engel in der Mitte sehen zu können. =)
Danke. =) *umarm*
*knuffel*
Sehr schöner Text, mit richtig Tiefgang und dieser haarsträubend aufschreiende Song...
Ja, ds erinnert mich an was....
Keine Nägel mehr, ich reiße fast jeden Tag einen raus... =)
Super! Wenn ich dabei helfen kann, gerne ;)
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