26 März 2010

Der Lüderich und seine Sagen


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Obiges Bild ist von unserem Küchenfenster beim Esstisch her entstanden. Wenn ich dort hinausblicke, sehe ich auch ohne mein 200mm Zoomobjektiv den Hügel des Lüderich mit dem Barbarakreuz an der Spitze.
Unlängst hat sich das ganze Dorf quergestellt, weil eine Deponie mit belasteter Erde dort angelegt werden sollte und sogar schon vorsorglich vor endgültiger Genehmigung munter 100jährige Bäume abgeholzt worden sind... Per Eilverfahren musste dort gestoppt werden, da man Greifvogelhorste gefunden hatte.
Erstmal liegen die Pläne jetzt auf Eis, aber es werden sicher noch weitere Widersprüche aus der Bevölkerung geschrieben. (Und wer von Euch helfen möchte, kann gerne mitmachen. Oben auf der verlinkten Seite steht eine Info dazu.)

Der Lüderich ist 260,2 Meter hoch und war bereits zu keltischer Zeit besiedelt.
Kurz nach dem Krieg hat mein Opa dort - wie so viele - im Erzbergwerk gearbeitet, das 1978 geschlossen wurde. Noch immer zeugt der alte Grubenturm, der nun als zweites Wahrzeichen des Lüderichs dort steht (inzwischen an einem Golfplatz gelegen) vom Erzabbau.

Schon in vorchristlicher Zeit wurden dort Blei- und Zinkerz abgebaut und ein alter Ringwall zeugt von der keltischen Besiedlung. Auch die Römer haben dort Blei- und Silbererze abgebaut und verhüttet und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich um den Bergrücken Sagen von Zwergen ranken. (Nicht wegen der Römer! Ich meine wegen der Erze!) Ich denke mir, dass da schon etwas Wahres dran ist - sicher kann man die Naturgeister, die dort wohnen, als Zwerge bezeichnen.
Einer der Höhleneingänge dort oben, der vermutlich einmal ein Eingang in einen Stollen gewesen ist, nennt man den Heidenkeller. Schon vom Namen her ein Indiz dafür, dass dort Heiden gelebt haben und sicherlich auch ihre Rituale gefeiert haben.
All das findet sich auch in den Sagen wieder.
Eine davon besagt, dass der Berg in alten Zeiten noch viel höher gewesen sei. Dort oben lebten und feierten noch Heiden, während das Tal schon christianisiert war. Angeblich besaßen sie dort Schlösser und große Reichtümer, weil die Zwerge für sie die edlen Metalle aus dem Berg holten.
Mit den Christen unten im Tal gab es öfters Streß, da einer den anderen nicht in Frieden leben lassen wollte und sie sich gegenseitig mal mehr, mal weniger bösartig auf den Arm nahmen.
So sollen die Heiden oben angeblich groooße, runde Brote gebacken haben und diese in einer Art Kegelspiel zusammen mit den Schädeln geopferter Pferde (und ich denke, sie wären schön blöd gewesen, wenn sie ihre wertvollen Pferde geopfert hätten) den Berg hinunter rollen lassen, um die Bevölkerung dort zu ärgern.
Die angepissten Christen widerum sammelten dann die Schädel wieder ein, stiegen auf einen Berg gegenüber des Lüderich (wohl der Hügel, auf dem heute die A4 vorbeirauscht) und ließen die Schädel von dort hinabrollen, während sie "Heide, lauf deinen Göttern nach" krähten. (Ich denke mal, diese Schädel stehen für irgendwelche kultischen Objekte. Oder es ist alles Phantasie und dient nur zur Darstellung des Streites.) So gab eines das andere und das große Rollen hörte gar nicht mehr auf.
Bis eines Tages vor dem Lüderich ein stolzer Hirsch mit wunderschönem Geweih erschien, den die Heiden jagen wollten. Das Tier lief in einen der Grubenschächte, die Heiden hinterher. Das sollte sich noch als sehr schlecht erweisen.
Ein Hirte, der dort oben zur gleichen Zeit seine Schafe hütete, hatte mehr Glück. Er fühlte sich von einem Vogel gewarnt, den Berg schnell zu verlassen und tat das dann auch.
Als er am Stolleneingang vorbeihetzte, kamen aus diesem zu seinem Entsetzen Flammen und nachem der Berg erzitterte, stürzte alles in sich zusammen. Die Unglücklichen, die dem Hirsch gefolgt waren, kamen alle um und aus dem Stolleneingang soll das Blut der Verunglückten hinab in die Sülz geflossen sein. Oben in der Nähe des Bergwerkes gibt es ein Bächlein, das der "Blutbach" heißt und rotes Wasser führt. Die soll immer noch das Blut der verunglückten Heiden sein (erklärt sich aber natürlich durch das Eisen in der Erde). Ich war als Kind ungeheuer fasziniert davon und muss Feona diese Stelle auch einmal zeigen.
Die Frauen der Verunglückten strömten herbei und brachen in bittere Tränen aus. Wo sie weinten, trat später eine Quelle hervor, die heute noch die "Tränenquelle" heißt.
Tatsächlich muss sich da zur Zeit der frühen Christianisierung ein schlimmes Grubenunglück ereignet haben und die eingestürtzen alten Stollen existieren noch heute. Vermutlich fand es Eingang in diese Sage. Ich finde es manchmal ziemlich traurig, aus dem Fenster zum Lüderich rüberzuschauen und zu wissen, dass dort unter den welligen Wiesen noch immer die Verunglückten liegen. Bzw. was davon übrig ist.

Eine andere Sage von dort oben, die sich um einen Hirten und eine fischschwänzige Jungfrau dreht, erzähle ich Euch ein anderes Mal.
Jetzt muss ich mich mal anschicken, aufzuräumen, bevor Morwenna heute Abend zu Besuch kommt und wünsche Euch allen ein wunderschönes Wochenende.

15 Kommentare:

Feona Malea hat gesagt…

Das war jetzt sehr interessant :)

L. Diane Wolfe hat gesagt…

Love the photos!

Anonym hat gesagt…

Was für eine tolle Sage! Vielen Dank fürs erzählen!

Euch ein schönes Wochenende!!!

Beltane

Grey Owl Calluna hat gesagt…

Liebe Ashmodai!
Da hast Du Dir ja eine Wohnung mit gutem "Ausblick" gesucht....so zu sagen.

Was??!! Nein!!! Nicht schon wieder Bäume morden und Gifte lagern!

Wieder sseeeehhhhrrrr interessant!!
Da bei uns auch Eisenerz abgebaut wurde, ist das Wasser in den Bächen oder auch oft die Steine die darin liegen rot,...rostig....

Liebe Grüße, und auch Dir ein wunderschönes Wochenende.
Grey Owl

Dryade hat gesagt…

Ohja, der Lüderrich... der wird mir fehlen. Aus dem Fenster meiner Eltern hat man einen ganz ähnlichen Blick (nur das Damals als ich noch dort gewohnt habe das Kreuz noch nicht war...)
Am "Heidenkeller" findet man heute nach Unwetter immer noch kleine Arzurit-Malachit-Spliter warst du schon mal dort?
liebe Grüße von der anderen Seite des Hügels :-) & einen guten Start ins Wochenende!!

Rowan hat gesagt…

Danke, Ihr Lieben, ich freu mich, dass es gefallen hat. :)
Spunky, thanks very much!

Ja, Grey Owl, da wurde einfach abgeholzt...was meinst Du, was hier im Ort los ist und wie wütend die Leute sind. Hat sicher keiner gedacht, dass sich das hier niemand gefallen lässt.

Dryade, ich war wissentlich noch nicht am Heidenkeller - vielloeicht als Kind. Ich würde ihn aber gerne finden und am liebsten dann auch ein paar schöne Steine. :)
Statt des Lüderichs hast Du dann ja Blankenberg vor der Haustür - da sist ja soooo schön. Und die tolle Mühle in Stein und die schöne alte Wallfahrtskirche Maria Bödingen. :)
Und soooo weit ist der Lüderich dann auch nicht weg. ;)

Ein schönes Wochenende Euch allen.
*Kusshand*

Alruna hat gesagt…

Herzlichen Dank für diesen tollen Beitrag.Ich liebe regionale Sagen mit Hinweisen auf Quellentstehungen und ähnliches.
Du hast eine Super-Kamera. Mondaufnahmen mit meiner haben immer nur einen schwarzen Hintergrund und einen weißen Kreis in der Mitte.
Ein wunderschönes Wochenende!
Alruna

Luiza hat gesagt…

Sehr interessant. Zumal man eigentlich immer davon ausgeht, dass das bergische Land erst in die Zivilisation finden will. Da gibts ganz verschiedene Aussagen und Meinungen...

Guten Start ins Wochenende!

Weirdsister hat gesagt…

Spannende Geschichte! :-)

Alruna hat gesagt…

Bei mir wartet eine kleine Überraschung auf dich :-)
Lieben Gruß
Alruna

DerSinn hat gesagt…

Die Sage gefällt mir nicht - meiner Meinung nach gewinnt die falsche Seite...;)

Super nacherzählt - bin schonmal auf die nächste gespannt...

lG,
Daniel

Rowan hat gesagt…

Freut mich, dass es Euch gefallen hat. :)
Und das mit dem Bergischen Land und der Zivilisation habe ich jetzt mal überhört. ;)

Rowan hat gesagt…

Danke Dir, liebe Alruna, ich freu mich.

athena hat gesagt…

Sehr interessante Story... Da könnten wir ja evtl. auch mal hin, wenn ich das nächste Mal bei Euch bin :)

Ulrike Opravil hat gesagt…

Mein Vater stammte aus Hoffnungsthal und hat uns Kindern immer, wenn wir unsere Großmutter in Rösrath besucht haben, auf der Rückreise die Geschichte vom "Heidenhaus" erzählt. Dabei ging es um die Jagd der Heiden auf den Hirschen. In den Erzählungen meines Vaters hatte er ein schneeweißes Fell und ein leuchtendes goldenes Kreuz zwischen den Geweihstangen. Diese Jagd endete in seiner Version auch immer so, dass die Heiden in einer Grube beim Blutbach verschüttet wurden. Das hat uns Kinder immer sehr fasziniert, obwohl der Bezug zum Erzbergbau natürlich für uns nicht klar war. Das "Heidenhaus" soll ja die Burg Obersülz sein, aber Vater identifizierte immer irgend ein Wohnhaus und wir Kinder haben ihm geglaubt. Schön, dass diese Sage auch über unsere Familiengrenzen hinaus bekannt ist!